Burschenschaften – Verbindungen – Neonazis

Am 10. Mai. trafen sich auf Einladung der „Straßburger KDStV Badenia zu Frankfurt“ am Paulsplatz in Frankfurt ein reaktionärer Haufen von Studentenverbindungen, Landsmannschaften und Burschenschaften. Der alljährlich – an Himmelfahrt – stattfindende „Vatertags-Frühschoppen“ bekam dieses Jahr im Vorfeld lokale mediale Aufmerksamkeit. Grund dafür war die Überschneidung des Besäufnisses mit einer Veranstaltung des „Vereins der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ (VVN-BdA) zu Erinnerung an die Bücherverbrennung 1933. Sowohl die „Straßburger KDStV Badenia zu Frankfurt“ als auch der VVN-BdA wollten ihre Veranstaltung auf dem Römer abhalten.

Das damals im Raum stehende Szenario war kaum an Zynismus zu überbieten; die Bücherverbrennungen 1933 wurde von der „Deutschen Studentenschaft“ initiiert und organisiert. In vielen Städten waren es Burschenschaften, Landsmannschaften oder andere Studentenverbindungen die dem Exzess einen „feierlichen“ Rahmen gaben. In Frankfurt fand die Bücherverbrennung am Römerberg statt, eben an dem Ort an dem die Verbindungen feiern wollte. Letztendlich wurde das Fest zu Gunsten der Gedenkveranstaltung des Vereins der Verfolgten des Naziregimes (VVN) an den Paulsplatz verlegt.

Der Verzicht war dabei in erster Linie ein kluger medialer Schachzug und weniger Ausdruck einer antifaschistischen Haltung. Verbindungen sind und bleiben Institutionen die den Zwecke inne haben, künftige Eliten im konservativ bis deutsch nationalen Sinne zu „erziehen“. Frauen sind dabei nur als „Beiwerk“ zu besonderen Anlässen zugelassen. Ausgeschlossen sind teilweise auch „nichtdeutsche“ im Sinne eines völkischen Rassengedankens.

Das Weltbild ist klar männlich und autoritär dominiert. Jegliche Veranstaltung oder Prozedere unterliegt strengen Regeln. Selbstbestimmtes Denken oder Handeln ist verpönt und wird als Gefahr für die eigenen streng hierarchischen Gesellschaftsvorstellungen betrachtet. All dies war auch auf dem Paulsplatz zu sehen, in rauem Ton wurde das Trinken befohlen, an die Stärke appelliert und Schwäche direkt denunziert.

Extrem Rechte Burschen

Kaum verwunderlich also, dass sich unter den Verbindungsstudenten auf dem Paulsplatz auch der ein oder andere stramm rechte Burschenschaftler bzw. Neonazi befand. An einem Tisch inmitten der Veranstaltung saßen fünf Burschenschaftler aus Marburg (Bild), anhand der Bänder als Mitglieder der Burschenschaft Rheinfranken und der Burschenschaft Normania Halle zu erkennen. Beide sind Mitglied im extrem rechten Dachverband Deutschen Burschenschaft (DB). Der eh schon extrem rechte Dachverband spaltete sich im Zuge des Skandals um den sogenannten „Arierparagraphen“ und wird heute vom völkischen Flügel dominiert. Die Burschenschaft Rheinfranken bildet gemeinsam mit ihrer Nachbarin, der Marburger „Burschenschaft Germania”, ein Sammelbecken für extrem rechte männliche Studierende in Marburg.

Noch am Vormittag hatte eine Delegation des Verbindungsbesäufnisses einen Kranz bei der Gedenkveranstaltung des VVN abgelegt. Das Ablegen eines Kranzes von denjenigen, die sich selbst in der Tradition der Täter von damals sehen und diese Geschichte und die ihrer Bundesbrüder in keiner Weise reflektieren, ist eine absolute Geschmacklosigkeit.

Mitten im Geschehen auch Anselm Scheifler (Bild), Mitglied der auf den ersten Blick nicht sonderlich auffallenden Verbindung „Rheno-Palatia Breslau“. Scheifler kann politisch als „sprunghaft“ bezeichnet werden und hatte beinahe mit allen politischen Lagern der hessischen extremen Rechten zu tun. So startete er seine Karriere 2009 noch als Mitglied im Vorstand der Jungen Union in Rüsselsheim. 2013 tauchte er schließlich als Teil der „Identitären Bewegung“ in der Projektwerkstatt des neurechten Akteurs Andreas Lichert auf.
Als sich im Vorfeld der HoGeSa-Demonstration Hooligans und Neonazis in der Facebookgruppe „Weils sich Deutsche noch trauen“ organisierten, agierte Scheifler als einer der Admins der Gruppe und lud Mitglieder der Brigade Nassau, ebenso wie militante Neonazis ein. Im vergangen Jahr tauchte Scheifler dann mit mehreren Mitglieder der JN und desAntikapitalistischen Kollektivs“ (AKK) auf der Buchmesse auf. Er kann somit als gut vernetzter Akteur der extremen Rechten bezeichnet werden.


Was bleibt?


Die oben Genannte dürften sicher nicht die einzigen Akteure der extremen Rechten gewesen sein, die sich unter den ca. 100 Verbindungsstudenten tummelten.

Gerade vor dem Hintergrund, dass der politische Erfolg der AFD eng mit der Beteiligung von Verbindungsstudenten und Burschenschaften zusammen hängt, dürfte deren Bedeutung wieder immens gewachsen sein. So gibt es nun wieder eine Partei in den Parlamenten, in denen die Mitgliedschaft in einer extrem rechten Burschenschaft kein Skandal, sondern etwas anerkennenswertes ist. Dementsprechend agieren auch Verbindungsstudenten wieder offensiver.

Dennoch ist klar, dass solch ein reaktionäres Fest, in saufseelig sexistisch-homophober Wohlfüllatmosphäre, auf dem Neonazis und extreme Rechte keinen Widerspruch darstellen, in den kommenden Jahren nicht unwidersprochen bleiben darf. Es bedarf größerer Anstrengung um zu Verhindern was in Marburg beim „Marktfrühschoppen“ Realität wurde; wo extrem Rechte Burschenschaften im lauf der Jahre das Bild der Veranstaltung mehr und mehr dominierten.

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